1&1 Mobilfunk: Behutsames Vorgehen
Wer sich in der Wirtschaftswelt nicht so gut auskennt, verwechselt gerne United Internet mit 1&1. United Internet ist die Dachgesellschaft, deren Quartalszahlen wir heute bereits vorgestellt haben.
40.000 neue "Mobile Internet"-Verträge
Bei der 1&1-AG ist im ersten Quartal 2024 die Zahl der Kundenverträge im Vergleich zum 31. Dezember 2023 um 40.000 auf 16,3 Millionen Verträge gestiegen. Das waren 40.000 neu gewonnene "Mobile Internet"-Verträge (12,29 Millionen Ende erstes Quartal). Bei den (ortsfesten) Breitband-Anschlüsse blieben es unverändert bei 4,01 Millionen Verträge.
Das Netz von 1&1 ist am 8. Dezember 2023 gestartet
Foto: 1&1
Der Service-Umsatz ("margenstark", d.h. hier wird Geld verdient) wuchs im ersten Quartal 2024 auf 821,9 Millionen Euro (vorher 788,9 Millionen Euro), der "margenschwache" Hardware-Umsatz ging, wie bereits berichtet, auf 202,5 Millionen Euro (-12,8 Prozent) zurück. Der Gesamt-Umsatz betrug am Ende knapp über eine Milliarde Euro (+0,3 Prozent).
Anlaufkosten für neues Netz steigen
Die Anlaufkosten für den Bau des neuen 1&1-Mobilfunknetzes seien planmäßig auf 42,4 Millionen Euro gestiegen (letztes Jahr waren es 19,2 Millionen Euro). Trotz der "erhöhten Anlaufkosten" legte das EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) insgesamt um 0,2 Millionen Euro auf 182,3 Millionen Euro zu.
Beim Start des neuen Netzes sind die Abschreibungen gestiegen (64,4 Millionen Euro) und damit ging der Gewinn vor Steuern auf 117,9 Millionen Euro zurück - das Jahr davor waren es noch 133,4 Millionen Euro gewesen.
Das Investitionsvolumen (Cash-Capex) betrug "aufgrund eines Phasing-Effekts" nur 10,1 Millionen Euro (zuvor 40,2 Millionen Euro).
Wie soll es weiter gehen?
Die 1&1 AG erwartet für dieses Jahr etwa vier Prozent Wachstum beim Service-Umsatz (das wären dann etwa 3,37 Milliarden Euro). Das EBITDA soll dann auf 720 Millionen Euro wachsen, die Anlaufkosten für den Bau des 5G-Netzes sollen moderat auf etwa 160 Millionen Euro zunehmen. Das Investitionsvolumen (Cash-Capex) wird voraussichtlich auf rund 380 Millionen Euro steigen.
Aufbau geht langsam voran
Damit wird verklausuliert angedeutet, dass 1&1 sein Netz in aller Ruhe und mit Bedacht aufbaut und dass sie dabei die Kosten und den Nutzen genau im Blick behalten. Konkrete Aussagen oder Zahlen, z.B. wie viele Basisstationen es gibt, wie viele davon schon im nutzbaren Wirk-Betrieb sind, oder gar wann und wo die nächsten Sender "on air" gehen, nennt 1&1 noch nicht.
Was interessiert die Kunden?
Viele bestehende und neue Kunden im 1&1-Netz (insbesondere bei den unüberschaubar vielen verschiedenen, teilweise unglaublich günstigen Drillisch-Marken) interessiert nur eines: Der günstige Preis. Ob sie im Netz von o2-Telefónica oder später im Netz von Vodafone funken werden, dürfte diese große Mehrheit kaum interessieren - solange die Netzversorgung nicht spürbar schlechter wird, was in einigen Regionen durchaus der Fall sein könnte.
Erfolgsrezept Effizienz
Das Erfolgsrezept von Ralph Dommermuth ist die extrem auf Effizienz und Einfachheit getrimmte Unternehmensstruktur. Wer dort einen Vertrag bestellt, durchläuft zahlreiche vollautomatische Prozesse, bei denen kein Mensch mehr eingreifen muss. Auch gewisse (einfache) Fragen können über das Ticket-System (Webseite oder App) beantwortet werden. Kompliziertere Fälle können etwas dauern oder die Antworten, die der Kunde erwartet, passen vielleicht nicht zur Frage oder zum Problem des Kunden.
Geht der Neukundenzuwachs zurück?
Nimmt man die Meldungen der letzten Quartale zu zusammen, ergibt sich ein interessantes Bild. Die Kundenentwicklung beim Mobilfunk der letzten 5 Quartale zeigt bei 1&1 einen negativen Trend:
- Q4/22 auf Q1/23: +120.000
- Q1/23 auf Q2/23: +110.000
- Q2/23 auf Q3/23: +190.000
- Q3/23 auf Q4/23: +150.000
- Q4/23 auf Q1/24: +40.000
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Für Fans und Freaks ist das neue Netz ein Muss, weil es spannend sein kann, live mitzuerleben, wie ein neues Netz aufgebaut wird und welche Dienste und Angebote es gibt.
Für den eher preisbewussten Kunden ("Alle Netze sind gleich gut oder schlecht") gibt es aber eher eine andere Priorität: Den Preis und vielleicht noch die Netzverfügbarkeit. Klappt die Versorgung vor Ort nicht, wird ein andere Anbieter gewählt. Oder das Angebot ist so sagenhaft günstig, dass man mit Einschränkungen bei Netzqualität und Verfügbarkeit gerne leben kann oder will.
Wenn nun auch bei bislang als "günstig" wahrgenommenen Anbietern steigende Service-Umsätze Priorität vor Kundenwachstum durch günstige Preise haben, werden die Karten im Markt neu gemischt.
In einer Serie hatten wir die Frage untersucht, ob z.B. die Angebote der Telekom, von Vodafone, o2-Telefónica oder im Netz von 1&1 "teuer" sind, wenn es auf ein ganz bestimmtes Netz ankommt.