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Besseres Netzerlebnis: o2 Telefónica startet Cloud-Kernnetz

Der Netz­betreiber o2-Telefónica nimmt einen 5G-Cloud-Core in Betrieb, der voll­ständig in der Cloud reali­siert wird.
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Unter Core versteht man das 5G-Kern­netz, worin alle Kunden­daten gespei­chert und alle Verbin­dungen zusam­men­geschaltet werden, wo die Abrech­nungs­daten gesam­melt und Rech­nung erstellt werden. Es versteht sich von selbst, dass hier die Sicher­heit extrem groß geschrieben werden muss. "Außen­ste­hende" darf das eigent­lich nichts angehen.

Beim Umzug in die Cloud verwendet o2-Telefónica dabei Technik des euro­päi­schen Netz­aus­rüs­ters Nokia sowie Amazon Web Services (AWS). Zunächst werden ausge­wählte Kunden von o2-Telefónica von den Vorteilen der Cloud profi­tieren. Vorteile seien eine höhere Verfüg­bar­keit und Ausfall­sicher­heit sowie schnel­lere Soft­ware-Updates. o2 verlagert das Kernnetz in die Cloud und verspricht davon Energieersparnis und Flexibilität o2 verlagert das Kernnetz in die Cloud und verspricht davon Energieersparnis und Flexibilität
Grafik: o2 Telefónica
Der Vorteil für den Kunden sei "ein besseres Netz­erlebnis", wenn sie im 5G-Stan­dalone-Netz (o2-Produkt­bezeich­nung „5G Plus“) des Anbie­ters surfen. Die AWS-Infra­struktur sei so konzi­piert, dass sie die sicherste verfüg­bare Cloud-Compu­ting-Umge­bung darstelle.

Den Start des 5G Cloud Core feiern die Unter­nehmen als "tech­nolo­gischen Meilen­stein": o2-Telefónica sei der erste Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter mit bestehendem Netz, der sein Kern­netz auf eine Amazon Cloud (AWS) verla­gert. Der 5G Cloud Core werde in der ersten Phase für eine Kapa­zität von bis zu einer Million Kunden ausge­legt.

o2 Mallik Rao: Netz der Zukunft bauen

Mallik Rao, Technik-Chef bei o2-Telefonica (Germany) vor einem Serverschrank. Mallik Rao, Technik-Chef bei o2-Telefonica (Germany) vor einem Serverschrank.
Foto: o2 Telefónica
o2-Technik-Chef Mallik Rao möchte das Netz der Zukunft bauen und leiste mit dem Start des neuen, cloud­basierten 5G-Kern­netzes Pionier­arbeit. Das sei ein "großer Schritt in unserem Trans­for­mati­ons­pro­zess" (also die Umwand­lung bestehender Netz­struk­turen auf eine moder­nere Technik).

Bislang standen die Server irgendwo beim Netz­betreiber in einem eigenen Rechen­zen­trum. Kamen viele neue Kunden hinzu oder änderten sich die Anfor­derungen, musste umständ­lich neue Hard­ware bestellt und konfi­guriert werden. Mit dem neuen 5G Cloud Core geht o2 "weg von tradi­tio­nell gewach­senen Archi­tek­turen" und will sich statt­dessen "auf moderne, hoch­leis­tungs­fähige und effi­ziente Netz­tech­nolo­gien" konzen­trieren, betont Rao. "Hierbei setzen wir auf die Qualität und globale Exper­tise von Nokia und AWS." Den o2-Kunden will Rao ein exzel­lentes 5G-Erlebnis und neue digi­tale Anwen­dungen bieten.

Raghav Sahgal: Cloud macht Netz flexi­bler

Raghav Sahgal, Chef der Cloud-Netze bei Nokia. Raghav Sahgal, Chef der Cloud-Netze bei Nokia.
Foto: o2 Telefónica / Nokia Networks
Raghav Sahgal, Chef der "Cloud and Network" Divi­sion bei Nokia, freut sich, dass sein Unter­nehmen dabei ist. Diese Cloud-Bereit­stel­lung ermög­liche eine größere Flexi­bilität des Netzes und ein besseres Service­angebot. o2-Telefónica könne seine Netz­werk­res­sourcen effi­zient zu verwalten und noch größeren Mehr­wert daraus zu ziehen.

Er möchte damit beweisen, dass Nokia in der Lage ist, bei der Migra­tion von Tele­kom­muni­kati­ons­anbie­tern in die Cloud aktiv dabei zu sein, damit Unter­nehmen "Anwen­dungen und Dienste auf der Infra­struktur ihrer Wahl" bereit­stellen können, möglichst flexibel und voll­auto­matisch.

Fabio Cerone: Völlig neues Betrei­ber­modell

Fabio Cerone, Europamanager bei AWS Fabio Cerone, Europamanager bei AWS
Foto: o2 Telefónica / Amazon AWS
Fabio Cerone, für das Europa-Geschäft von AWS zuständig, ist stolz, ausge­wählt worden zu sein. „Durch den Aufbau des 5G-Cloud-Kern­netzes auf AWS defi­niert o2-Telefónica sein Betriebs­modell im großen Maßstab neu". o2-Telefónica werde in der Lage sein, 5G-Netz­werk­kapa­zitäten dyna­misch zu skalieren und zuzu­weisen, um die Wünsche der Kunden schneller erfüllen zu können.

Kern­netze auf mehreren Hoch­leis­tungs­ser­vern in Rechen­zen­tren

Rückansicht eines Cloudservers. Je nach Bedarf können weitere dazu gestellt oder weggenommen werden, ohne Unterbrechnung. Rückansicht eines Cloudservers. Je nach Bedarf können weitere dazu gestellt oder weggenommen werden, ohne Unterbrechnung.
Foto: o2 Telefónica
Die Kern­netze der Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter bestehen stan­dard­mäßig aus mehreren Hoch­leis­tungs­ser­vern in Rechen­zen­tren. Bisher nutzten Unter­nehmen die Infra­struktur von großen Cloud-Service­anbie­tern nur dann, wenn sie eine komplett neue Netz­infra­struktur aufbauen wollten („Green­field“). o2-Telefónica geht nun den nächsten Schritt und reali­siert das Daten­kern­netz mit Nokia-Tech­nologie auf der AWS-Infra­struktur. o2-Telefónica betont, einer der ersten etablierten Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter, der diese neue Archi­tektur für sein bestehendes Mobil­funk­netz umzu­setzen, das erst 2023 sein 25-jähriges Bestehen feierte.

Cloud-Archi­tektur soll Netz­qua­lität und Kunden­erlebnis verbes­sern

o2 verlagert das Kernnetz in die Cloud und verspricht davon Energieersparnis und Flexibilität o2 verlagert das Kernnetz in die Cloud und verspricht davon Energieersparnis und Flexibilität
Grafik: o2 Telefónica
Neue­rungen sollen über die Cloud mit einem Maus­klick instal­liert werden können. Updates, neue Netz­funk­tionen und Produkte sollen schneller als bisher für die reali­sieren werden können.

Beim Ausfall einzelner Server wird der Daten­ver­kehr unmit­telbar auf andere Server umge­leitet, um die Ausfall­sicher­heit der Dienste zu gewähr­leisten. Durch den Betrieb über die Cloud können manu­elle Repa­ratur­maß­nahmen ohne tempo­räre Unter­bre­chungen durch­geführt werden. Dadurch verbes­sert sich die Netz­ver­füg­bar­keit, was insbe­son­dere bei modernen 5G-Anwen­dungen entschei­dend ist.

Das Netz lässt sich über die Cloud auch effi­zienter skalieren (vergrö­ßern oder erwei­tern). Wenn sich die Netz-Nutzung verän­dert, kann o2-Telefónica jeder­zeit Cloud-Ressourcen nach Bedarf erhöhen oder redu­zieren. Das freut die Kosten­rechner, die keine eigenen Server mehr dazu kaufen und auslasten müssen. Gleich­zeitig werde die Ener­gie­effi­zienz verbes­sert, weil nur die Ressourcen genutzt werden, die auch tatsäch­lich benö­tigt werden. Dadurch könne das Unter­nehmen sein Kern­netz nach­hal­tiger betreiben.

Sicher­heits­stan­dards durch Cloud Secu­rity Frame­work

Das Kern­netz ist der zentrale Teil des Mobil­funk­netzes. Hier laufen sämt­liche Anwen­dungen und Daten zusammen. o2-Telefónica habe ein "umfas­sendes Cloud Secu­rity Frame­work" erar­beitet, das "höchste Stan­dards an Sicher­heit, Qualität und Daten­schutz" anlege, betonen die Betei­ligten.

Cloud und Sicher­heit?

Beim Thema Cloud wird es vielen Anwen­dern und auch Profis unheim­lich. Die Cloud­server stehen nicht im eigenen Unter­nehmen, sondern in irgend­einem Rechen­zen­trum des Cloud-Anbie­ters. Durch den Einsatz "Confi­den­tial-Compu­ting" werden die Daten "Ende-zu-Ende" verschlüs­selt. Das bedeutet, dass der Cloud-Dienst­leister zwar sieht, dass auf seinen Systemen "etwas passiert", die Daten sind aber durch­gehend verschlüs­selt. Er kann also nicht in die Daten rein­schauen, weiß also nicht, wer mit wem tele­foniert oder Daten austauscht etc. Außerdem werden alle Daten auf Servern in Europa gespei­chert, wo höhere Daten­schutz­stan­dards als beispiels­weise in den USA gelten.

Eine Einschät­zung von Henning Gajek

Viele Kunden wünschen sich ein zuver­läs­siges stabiles Netz mit klar verständ­lichen Abläufen ("Prozesse"), wenn ein Vertrag begonnen, geän­dert oder gekün­digt wird. Wenn immer einfa­cher neue Tarife oder Produkte / Dienste einge­führt werden können, könnte die Neigung der Anbieter steigen, viel mehr zu "spielen", was die auf Einfach­heit oder Verläss­lich­keit bedachten Kunden "verun­sichern" könnte.

Ande­rer­seits erwarten die Kunden auch dann ein stabiles Netz, wenn irgend­welche Events statt­finden. Was sich nicht ausla­gern lässt, sind fehlende Basis­sta­tionen irgendwo in der Provinz. Da müssen Sender auch in einsamen schwer zugäng­lichen Gebieten aufge­stellt werden. Würden alle Netz­betreiber eine gemein­same Cloud betreiben, könnten sie flexibel auf Kunden­wan­derungen reagieren, doch soweit wird es wohl nie kommen.

Kunden erwarten einen Kunden­ser­vice, der die Probleme versteht und auch lösen kann. Idea­ler­weise sollte es ausge­reifte ausge­tes­tete Produkte geben, die so funk­tio­nieren, wie sich das der Kunde vorstellt. Wo Fragen sind, sollte ein mensch­licher Gesprächs­partner sofort Bescheid wissen und helfen können. Die viel beschwo­rene Künst­liche Intel­ligenz ist im aktu­ellen Stadium keine Hilfe, eher im Gegen­teil: Sie erhöht den Kunden­frust.

Gemeinsam mit Samsung hat o2-Telefónica in Lands­berg/Lech ein erstes Open RAN Netz im Wirk­betrieb gestartet.

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