Fernsehen

Pay-TV: Französischer Medienkonzern wendet sich ab

Noch kürz­lich speku­lierte die Branche über einen Verkauf von Sky Deutsch­land. Unter den poten­ziellen Inter­essenten fand sich der fran­zösi­sche Pay-TV-Riese Canal+. Dessen Stra­tegie deutet auf einen grund­sätz­lichen Sinnes­wandel im TV-Geschäft hin.
Von Björn König

Pay-TV spielt bei Canal+ außerhalb des Heimatmarktes eine zunehmend geringere Rolle Pay-TV spielt bei Canal+ außerhalb des Heimatmarktes eine zunehmend geringere Rolle
Foto: Canal+
Das euro­päi­sche Pay-TV-Geschäft galt bekann­ter­maßen schon immer als schwierig. Nur eine Hand­voll Medi­enkon­zerne haben es über­haupt geschafft, sich in diesem Segment länger­fristig zu etablieren. Zu nennen sind dabei insbe­son­dere Canal+ im fran­zösi­schen sowie Sky im briti­schen Markt. Beide Anbieter hatten begin­nend in den 80er bzw. 90er-Jahren maßgeb­lichen Einfluss auf die Weiter­ent­wick­lung des Bezahl­fern­sehens in Europa. Insbe­son­dere Canal+ wurde zuletzt sogar als poten­zieller Käufer für Sky Deutsch­land gehan­delt. Ein aktu­eller Blick auf das Geschäft der Fran­zosen legt aller­dings die Vermu­tung nahe, dass selbst die eins­tigen Pioniere des Bezahl­fern­sehens auf dem Rückzug sind.

Expan­sions­pläne in Deutsch­land

Pay-TV spielt bei Canal+ außerhalb des Heimatmarktes eine zunehmend geringere Rolle Pay-TV spielt bei Canal+ außerhalb des Heimatmarktes eine zunehmend geringere Rolle
Foto: Canal+
Dass Canal+ im deutsch­spra­chigen Markt wachsen will, ist offen­sicht­lich. Inter­essant ist in diesem Zusam­men­hang aber auch nicht das "ob", sondern viel­mehr das "wie". Und dies­bezüg­lich ist die Stra­tegie eindeutig: Die Fran­zosen sind weniger an der Über­nahme bestehender Pay-TV-Akti­vitäten inter­essiert, als viel­mehr an der Etablie­rung eigener SVoD-Ange­bote sowie durch Part­ner­schaften mit Netz­betrei­bern.

Was auf den ersten Blick über­raschend erscheint, ist jedoch eine logi­sche Entwick­lung. Im euro­päi­schen Medi­enge­schäft lässt sich seit längerer Zeit ein schwin­dender Einfluss von Canal+ beob­achten. Beispiel hierfür ist der jahre­lange Rechts­streit zwischen Canal+-Mutter­kon­zern Vivendi mit der dem dama­ligen italie­nischen Medi­enkon­zern Mediaset (heute MFE), welcher 2021 mit einer Eini­gung zwischen beiden Unter­nehmen endete, wonach Vivendi ankün­digte, seinen Anteil an Mediaset zu redu­zieren. Zur dama­ligen Zeit spielte Pay-TV auch bei den Italie­nern mit Mediaset Premium noch eine wich­tige Rolle, das Angebot wurde jedoch 2019 einge­stellt.

Deut­liche Stra­tegie­wende

Über die Jahre hinweg wurden zahl­reiche Canal+-Betei­ligungen umbe­nannt oder weiter­ver­kauft. Zu nennen sind hierbei insbe­son­dere Kanäle in Belgien, den Nieder­landen und Luxem­burg. In Deutsch­land selbst spielte das Unter­nehmen vor allem in der Anfangs­phase des Pay-TV-Geschäfts mit Premiere eine Rolle. Nach Jahren des Rück­zugs stehen die Zeichen also wieder auf Expan­sion.

Diese Expan­sion liegt aber viel­mehr im B2B-Geschäft, in Deutsch­land tritt man (zumin­dest bislang) nicht direkt unter der Marke Canal+ gegen­über Konsu­menten auf, in Öster­reich hingegen sieht das anders aus. Der Grund für diese Zurück­hal­tung im wohl wich­tigsten Markt Europas ist unklar, womög­lich will man die eigene Brand nicht in direkte Konkur­renz zu den B2B-Part­ner­ange­boten schi­cken. Dennoch ist es gut möglich, dass sich auch hier die Stra­tegie in den kommenden Jahren ändert.

Canal+ ist euro­päi­scher Bran­chen­kom­pass

Klar ist: Canal+ hat im euro­päi­schen Pay-TV-Segment schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Umso rele­vanter ist deren Stra­tegie für den euro­päi­schen Markt insge­samt. Die doch recht deut­liche Kehrt­wende in Rich­tung SVoD-Ange­bote lässt zumin­dest erahnen, dass man auch in Frank­reich nicht mehr damit rechnet, dieses Geschäft außer­halb des fran­zösi­schen Heimat­marktes noch mit erträg­lichen Wachs­tums­aus­sichten betreiben zu können.

Zumin­dest für Sky Deutsch­land sind das keine guten Nach­richten. Zwar wurde es um dieses Thema vorerst wieder ruhig, da der US-Mutter­kon­zern Comcast es offenbar mit einem Verkauf nicht mehr eilig hat. Sollte sich diese Meinung jedoch ändern, ist der poten­zielle Bieter­kreis womög­lich wieder ein deut­liches Stück kleiner geworden. Und das dürfte kein vorüber­gehender Trend bleiben.

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